Wie ich lernte, die Fake-News zu lieben, Teil 9
Zu Teil 1: Wie ich lernte, die Fake-News zu lieben
Zu Teil 2: Von Angst getrieben
Zu Teil 3: Die Glaubwürdigkeitslüge
Zu Teil 4: Die Wächter der Meinungsfreiheit
Zu Teil 5: Die Angst vor der Bedeutungslosigkeit
Zu Teil 6: Die Macht der Masse
Zu Teil 7: Falsche Freunde und falsche Informationen
Zu Teil 8: Die einfache Entscheidung über Volksverhetzung
Die Sorge um das Image als Einfallstor
Seit der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas den “Fake News” den Kampf angesagt hat, ist das Thema ein Dauerbrenner – und Facebook, immerhin das Hauptziel des Ganzen, gibt sich redlich Mühe, einerseits den Eindruck zu erwecken, es würde alles nur Mögliche unternehmen, um gegen die “Fake News” vorzugehen, aber andererseits auch dem geplanten Gesetz Gegenwehr leisten.
Dass Heiko Maas von fast allen Seiten Kritik für das geplante Gesetz erhält, ist eines. Facebook allerdings hat schlichtweg selbst die Weichen dafür gestellt, dass die Bekämpfung der “Fake News” nun mit auf seinem Rücken ausgetragen wird, da das Unternehmen sich bereits vor einiger Zeit von Herrn Maas hat treiben und zu bestimmten Handlungsweisen verleiten lassen, anstatt deutlich zu machen, dass das Ansinnen des Bundesjustizministers abzulehnen ist.
Doch Facebook (zeitweilig werden auch Twitter und YouTube genannt, doch der Löwenanteil der Meldungen zum Thema behandelt Facebook) hat sich von der Sorge um das Image, die Reputation, vereinnahmen lassen und beim zweiten Lieblingsthema des Ministers schlichtweg ein Tor zu weiterer Regulierung geöffnet.
Blick zurück: Der Minister und die “Hate Speech”
Schon bevor sich die Debatte auf die “Fake News” konzentrierte, hatte Heiko Maas diese wie auch die “Hate Speech” als sein Dauerthema auserkoren und Facebook (zu Recht befürchtend, dass ein Gesetz kommen würde) ging nicht etwa in Verteidigungsstellung, sondern übte den Kotau. Zusammen mit Microsoft, YouTube und Twitter entwickelte das Unternehmen einen Verhaltenscodex, der besagte, dass gemeldete Hasskommentare innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden würden.
Dabei war das, was im Verhaltenscodex festgelegt wurde, nicht neu, im Gegenteil. Die Unternehmen hatten vorher schon genau das getan, was der Codex festlegte, jetzt aber sollte eben dieser Codex auch belegen: Wir tun was. Es galt immerhin, eine gesetzliche Regelung zu verhindern und auf Selbstverpflichtungen zu setzen.
Heiko Maas hatte es in Deutschland bereits geschafft, die 24-Stunden-Regelung als Ziel festzusetzen und eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Facebook selbst hatte schließlich eine Task Force gegründet, die beim Thema “Hate Speech” agieren würde. Doch diese arbeitete nach Meinung des Ministers zu langsam – und so trieb er das mittlerweile in der Defensive stehende Unternehmen weiter vor sich her.
Dieses Verhalten ist logisch, war doch klargeworden, dass Facebook das u.a. vom Bundesjustizminister in einer Art medialen Dauerfeuer angesprochene Problem der “Hate Speech” nun als Problem übernommen hatte, ohne hier überhaupt auf Zahlen und Daten zu drängen bzw. Nachfragen zu stellen. Das Thema wurde nicht mehr analytisch, sondern vielmehr emotional behandelt und ließ Facebook als Sündenbock am Pranger zurück.
Das bedeutet nicht, dass hier Sympathien mit Facebook vorliegen (müssen), doch die Art und Weise, wie der Justizminister mit vagen Begriffen hantiert und dabei Zahlen und Daten vermissen lässt, ist ein Armutszeugnis in der Debatte. Bei einem Gesetz, welches tiefgreifende Auswirkungen auf Meinungs- und Pressefreiheit haben kann und wird, wäre es das Mindeste, zunächst zu erläutern, wie groß das Problem ist, wie es sich konkret darstellt und warum es keine milderen Eingriffsmöglichkeiten gibt.
Bereits bei “Hate Speech” – oder auf Deutsch “Hasskommentare” (kreativ dann auch als Hasskriminalität bezeichnet) fehlten konkrete Zahlen ebenso wie eine Definition des Begriffes. Hass ist ja zunächst einmal eine Gefühlsregung und diese wird natürlich nicht bestraft, lediglich daraus erwachsende Taten können, so vom Strafgesetzbuch vorgesehen, sanktioniert werden.
Es bedarf hierbei jedoch nicht des Begriffes “Hass”, da die hinter den Taten bzw. den Aufrufen zu Taten stehende Gefühlsregung nur bedingt eine Rolle spielt. Heiko Maas schaffte es, den Begriff so zu etablieren, dass jeder das darunter verstehen konnte, was er wollte. Dies war möglich, indem konsequent eine klare Definition vermieden und stattdessen ein Begriff genutzt wurde, der starke Emotionen hervorruft und von jedem selbst mit Inhalt gefüllt werden kann und wird. Eine Taktik, die auch bei Begriffen wie “gesundem Essen”, “vernünftige Ernährung”, “kulturelle Werte”? gerne aufgegriffen wird.
Wikipedia bietet als Definition für “Hate Speech” die folgendes an:
[S]prachliche Ausdrucksweisen von Hass mit dem Ziel der Herabsetzung und Verunglimpfung bestimmter Personen oder Personengruppen. Der Begriff wird nicht immer gleich weit gefasst: So wird oft das Ziel der Hassredner, die Verunglimpften auszugrenzen oder sogar Gewalt gegen diese auszuüben, in den Vordergrund gestellt.
Damit wird bereits klar, dass als Ziel die Herabsetzung und Verunglimpfung dient, was jedoch nicht bei jedem Kommentar, der als “Hasskommentar” eingeordnet wird, der Fall ist. Er kann dann jedoch so aufgefasst werden und letzten Endes ist bei strafrechtlich vermeintlich relevanten Fällen die Meinung der Gerichte maßgeblich, wie z.B. beim Thema Volksverhetzung klar wird.