Radwege als Solarkraftwerk

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Radwege als Solarkraftwerk

Mit Radwegen Strom erzeugen: Diese Vision einer doppelten Nutzung öffentlicher Wege ist in der niederländischen Gemeinde Krommenie nördlich von Amsterdam seit zwei Jahren Realität.

Mehrere Städte zeigen Interesse am Konzept von SolaRoad, einem Konsortium der Provinz Nordholland, der Straßenbaufirma Ooms Civiel und der nationalen Forschungsorganisation TNO.

Die Stadt Groningen installiert derzeit ein Stück Solarradweg im Wohngebiet Blauwestad. Auch in Kalifornien soll im Ort Lebec, 100 Kilometer nordwestlich von Los Angeles, ein Solarradweg entstehen. Allen Interessenten bietet SolaRoad seit Kurzem zudem ein Testpaket mit zehn Quadratmetern aus vier Modulen an, die jährlich bis zu 3500 Kilowattstunden liefern könnten.

Begonnen hatte das Konsortium mit Solarmodulen auf einem 70 Meter langen, gut zwei Meter breiten Teilstück des Radwegs in Krommenie. Jedes Solarmodul gründet auf einer 3,5 Meter langen und 2,7 Meter breiten Zementplatte. Eine etwa einen Zentimeter dicke, durchsichtige und zugleich rutschfeste Schicht schützt die empfindlichen Solarzellen vor Schäden.

Damit lösten die Entwickler Stabilitätsprobleme, die zu Beginn mit einer gläsernen Deckschicht aufgetreten waren. Im ersten Jahr erzeugten die Solarzellen aus kristallinem Silizium 9800 Kilowattstunden Strom. Das ist mehr, als die Ingenieure wegen häufiger Verschattung durch die Radfahrer und nicht gerade optimalem Einstrahlwinkel erwartet hatten.

Die meisten der vielen Hundert täglichen Nutzer bemerkten kaum den Unterschied zu einem herkömmlichen Radweg, sagt SolaRoad-Sprecher Sten de Wit: “Das war genau unser Ziel: Ein Straßenbelag, der sowohl sicher als auch komfortabel für die Nutzer ist.” Beflügelt vom ersten Erfolg, wurde der Radweg Ende 2016 um zehn Meter mit neuen Modulen zu Testzwecken verlängert. Zusätzlich zu Solarzellen aus kristallinem Silizium werden nun Dünnschichtzellen erprobt, die besser an einen diffusen, teils verschatteten Lichteinfall angepasst sind.

“Parallel entwickeln wir einen SolaRoad-Belag, der sich auch für Autostraßen eignen soll”, sagt de Wit. Die größte Herausforderung für eine solche Solarstraße wird die Stabilität sein. Denn Autos und Laster sind um ein Vielfaches schwerer als Radfahrer. Ein Pilotprojekt in Tourouvre-au-Perche, einem französischen Dorf in der Normandie, könnte bereits wichtige Erfahrungen liefern.

Seit Ende 2016 rollen hier etwa 2000 Fahrzeuge täglich über die einen Kilometer lange Solarfahrbahn. Während einer zweijährigen Testphase soll die Stabilität der Solarmodule getestet und genug Strom für die Straßenbeleuchtung des Dorfs geliefert werden. Die Wattway-Entwickler geben die Stromausbeute mit 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr an. Ob dieses Ziel ? immerhin doppelt so hoch wie das des niederländischen Radwegs ? erreicht werden kann, ist noch fraglich.

So verlockend die Idee auch ist, Straßen über lange Strecken zu Solarkraftwerken umzubauen ? sie ist teuer. Das gesamte SolaRoad-Projekt soll drei Millionen Euro gekostet haben. Die Baukosten für den einen Wattway-Kilometer schlugen sogar mit etwa fünf Millionen Euro zu Buche. Für eine konventionelle Asphaltfahrbahn gleicher Länge liegen die Baukosten bei etwa 200.000 Euro.

Allerdings enthalten die Summen auch die Kosten für Entwicklung und wissenschaftliche Analyse. Eine Serienfertigung wäre also deutlich günstiger. “Wir arbeiten zudem daran, die Produktionskosten zu reduzieren”, sagt SolaRoad-Sprecher de Wit. Mit den über die vergangenen Jahre stark gefallenen Preisen für Solarmodule ist es nicht völlig unwahrscheinlich, dass eine Solarstraße in Zukunft nicht mehr das Vielfache eines klassischen Asphaltbelags kosten wird. (Jan Oliver Löfken) / (bsc)

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